Sonntag, 9. Oktober 2016

deep thoughts on an airplane

Seit zwei Monaten freue ich mich auf diesen Moment. Nicht weil die Zeit gekommen ist abzureisen. Nein. Wenn es nach mir gehen würde, bleibe ich noch. Doch die Brieftasche sieht es anders. Das Konto leergeräumt, Arbeit muss wieder her. Zeit für den Ernst des Lebens. Die Uni. 

Seit zwei Monaten freue ich mich auf diesen Moment. Doch bin ich wirklich bereit für diesen Moment?
Nein. Ich habe noch nicht alles erlebt. Ich wollte doch noch so vieles machen. Noch nicht alles gesehen. So vieles fehlt noch.

Doch seit zwei Monaten freue ich mich auf diesen Moment. Vor zwei Monaten habe ich meinen Rückflug gebucht. Von meinem geliebten Land, von meiner zweiten Heimat zurück in die eigentliche Heimat.
Wenn ich aber noch nicht bereit bin, warum freue ich mich dann?

Vor zwei Monaten habe ich meinen Rückflug gebucht. Niemand weiß davon. Naja, irgendwie wissen sie es schon. Sie wissen nur nicht wann. Sie wissen zwar das Datum. Aber nicht wann ich zurückkomme. Überraschung. Ich komme nicht früher als geplant zurück. Geplant ist es seit zwei Monaten. Aber alle denken, es ist später. 

Empfang am Flughafen. Ballons, ein Willkommensschild, meine Familie und engsten Freunde. 
Nein. Darauf habe ich eigentlich keine Lust.
Ich will nicht überhäuft werden. Nicht nach einem 20 Stunden Flug. Nicht, wenn ich eigentlich noch nicht nach Hause will. Nicht, wenn ich Fernweh habe.

Ich drehe den Spieß um. 
Und seit zwei Monaten freue ich mich auf diesen Moment.
Seit zwei Monaten erzähle ich jedem, den ich auf Reisen treffe, dass ich meine Familie und Freunde überrasche. Ein Strahlen in meinem Gesicht. Große Vorfreude.

Und jetzt? Zwei Monate sind rum. Der Moment ist gekommen. Der Moment, auf den ich mich seit zwei Monaten so sehr freue. Danach sehne. 


Nur noch zehn Minuten und wir landen in Frankfurt. Deutscher Boden unter uns. Nur noch zehn Minuten in meiner eigenen Welt. Zehn Minuten mit den intensivsten Gedanken.
Tränen in den Augen. Bin ich wirklich bereit?
Nein. Nein, ich bin noch nicht bereit dafür. Bitte dreh den Flieger um. Lass uns wieder zurück. Ich will zurück. Ich will hier raus. Ich kann das noch nicht.
In zehn Minuten wird mich der Alltag wieder auffangen. In zehn Minuten spricht jeder einzelne Mensch um mich rum Deutsch. 
Nur noch zehn Minuten. Hilfe!

Ich lasse mein ganzes Jahr Revue passieren. Ein Jahr voller Freude, Abenteuer, Liebe, Erlebnissen, neuen Freunden, eine zweite (bzw. dritte) Familie. Ein Jahr voller Gelassenheit. Ein Jahr ohne Sorgen. All das wird mir jetzt genommen. Aber von wem? Von mir selbst? 
Es war meine Entscheidung nach Hause zu fliegen. Ich hätte länger bleiben können. Doch mit welchem Geld? Wäre ich doch bewusster damit umgegangen. Hätte ich mir mal nicht jeden Tag einen Kaffee gegönnt. Wäre ich doch lieber nicht Shoppen gegangen. 
Aber wäre ich dann wirklich noch länger geblieben? Wenn ich noch genügend Geld hätte? Würde ich dann jetzt nicht in diesem Flieger sitzen?

Zehn Minuten sind vorbei. Zurück in Deutschland. Hallo Frankfurt. Der Himmel komplett bewölkt. Keine Sonne. Es ist Ende Mai. Typisch Deutschland Wetter eben.
Ich gehe zum Gepäckband und warte auf mein Gepäck. Eilende Nachrichten von meinem Bruder, wo ich denn bleibe. Er war eingeweiht. Schließlich muss mich jemand vom Flughafen abholen. Geld ist ja nicht mehr da. Alles weg. Mit 5€ zurückgekommen.
Ich bin die Letzte am Band. Kein Koffer mehr da. Auch das noch. Der Koffer hat es beim Umstieg nicht so schnell geschafft wie ich. So ein Mist.

Ohne Koffer geht es raus. Zu meinem Bruder. Eine kurze Umarmung. Nur Deutsch um mich rum. Wo bleibt das schöne australische Englisch? Die meisten in Hektik. Keiner will zu spät sein. Typisch Deutsch. Unhöflichkeit, keine Gelassenheit.

Ab ins Auto und es geht nach Hause. Es ist noch früh am Morgen. Ich klingel Sturm. Keiner macht auf. 
Ich gehe ins Schlafzimmer meiner Eltern. Sie schlafen noch. 
„Guten Morgen.“

Alles nur ein Traum?

Und doch war es das Beste und Schönste, was ich gemacht habe. Diese Freude meiner Familie und meiner Freunde. Eine gelungene Überraschung. Jederzeit würde ich es genauso wieder machen. Es gibt kein schöneres Gefühl.

Na klar vermisse ich die Abenteuer, die man jeden Tag erlebt hat. Aber die Familie und Freunde endlich wieder in der Nähe zu haben, ist unbezahlbar. Und in den Alltag kommt man auch sehr schnell wieder rein.

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